Jeder Tag ist für sie ein Kampf ums Überleben, der allerdings nicht wahrgenommen wird. Wer ist sich denn bewusst, dass es sich bei den Stadttauben meistens um verwilderte Haus- und Brieftauben handelt ?
Über Jahrhunderte hinweg dienten Tauben zur Übermittlung von Botschaften und auch in Kriegen wurden sie als Kommunikationswesen eingesetzt.
Heutzutage wird die Taube als Hobby für Ausstellungen und Flugwettbewerbe gezüchtet.
Die Tiere, die entkommen, sich verirren, ausgesetzt werden oder die bei Wettbewerben aus Entkräftung aufgeben und nicht zurückkehren, vermehren sich auch in freier Wildbahn und da sie es nicht anders kennen, suchen sie die Nähe des Menschen.
Auch hier ist der verantwortungslose Mensch der Auslöser einer Überpopulation. Allein sind Tauben kaum überlebensfähig und vom Wohlwollen der Menschen abhängig. Tauben sind Körnerfresser. Da es in Städten aber wenig davon gibt, fressen sie alles, was wir wegwerfen, und davon findet sich reichlich. Diese nicht artgerechte Nahrung fördert auch den flüssigeren als normal Kot, der zu Verschmutzungsproblemen führt.
Taubenabwehr
Spikes, bespickte Ränder mit Glasscherben und häufig angebrachte Textil-Netze sind nicht tiergerecht.
Die Tauben verfangen sich mit ihren Krallen im Netz, zappeln hilflos kopfüber – bis der Fuß abreisst (humpelnde Tauben im Stadtbild sind überlebende Opfer dieser Netze) oder bis nach langem Kampf der Tod eintritt. Zusätzliche Opfer sind eventuelle Jungtauben, die dann in ihren Nestern verhungern oder erfrieren, wenn die Eltern nicht zurückkehren.
Diese Verscheuchungsmaßnahmen sind zudem nicht geeignet, die Population einzudämmen.
Betreute Taubenhäuser sind ein sehr erfolgreiches und tiergerechtes Mittel, um die Anzahl der Stadttauben zu begrenzen. Durch artgerechtes Anfüttern werden die Tauben an diese Taubenhäuser gewöhnt. Werden diese angenommen, wird dort auch gebrütet. Man kommt dann leichter an die Gelege und kann die Eier gegen Gipseier eintauschen. Da es sich, wie vorab schon erwähnt, oft um entwischte oder ausgesetzte Zuchttauben handelt, kommen sie ihrer Fortpflanzungsaufgabe ganzjährig nach. Hin und wieder müssen die Tauben allerdings ein Ei ausbrüten dürfen. Ansonsten lernen sie, dass das Taubenhaus nur Misserfolge liefert und sie würden sich andere Plätze suchen. Weiterer Vorteil, der Taubenkot verbleibt in den Häusern. Auch Tauben sind sehr lernfähig. Dazu noch später.
Tauben sind standorttreu und verlassen ihren Brutplatz nur zur Nahrungsaufnahme, in einem nur wenige 100 Meter großen Radius.
Seit 15 Jahren versorgen wir in Ravensburg zwei Taubenhäuser. Bei der monatlichen Reinigung findet auch ein Austausch der Eier statt. Monatlich entfernen wir ca.30 Eier. Dadurch entsteht auch eine gesunde Population.
Durch allgemeine Fütterungsverbote sind die Tiere oft geschwächt. Gerade Weibchen und Jungtiere haben so oft keine Chance, sich gegen die kräftigeren Männchen durchzusetzen.
Seit 1970 gibt es den Spiegeltest, mit dem getestet wird, ob Tiere sich selbst im Spiegel erkennen können. Dies gilt als höhere Bewußtseinsleistung. Bisher bestanden diesen Test nur wenige Tiere. Darunter Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans aber auch Delfine und Elefanten, und bei den Vögeln die Elstern, Krähen und Dohlen.
Seit den 1980er Jahren wurden diese Tests auch mit Tauben durchgeführt. Man brachte einen sichtbaren Punkt am Körper der Taube an. Im Spiegel sollten sie dann diesen Punkt erkennen, den sie ohne Spiegel nie hätten wahrnehmen können. Die Tauben bestanden den Test. Sie versuchten den Punkt am eigenen Körper zu picken. Ein Zeichen für die bewusste Ich-Wahrnehmung im Spiegelbild. Sie sahen den Punkt und konnten diesen der Stelle an ihrem Körper zuordnen.
In einem weiteren Test wurde von den Tauben erwartet, dass sie einen, hinter ihnen angebrachten, aufleuchtenden Schalter erkannten und diesen anschließend pickten, um Futter zu erhalten. Auch dieses schafften die Tauben.
Vor einigen Jahren fand man heraus, dass sie sich auch auf Live Videoaufnahmen erkennen können. Tauben sind also durchaus in der Lage, kognitive Leistungen zu erbringen.
In Japan fand man heraus, dass sich Tauben zwischen 800 und 1200 verschiedene Bilder merken können. Und sogar fähig sind, verschiedene Maler zu unterscheiden.
In Paris experimentierte man mit Gesichtserkennung. Zwei sehr ähnlich aussehende Frauen: die eine fütterte die Tauben, die andere verscheuchte sie. Auch nach einem Kleidertausch konnten die Tauben die Frauen auseinanderhalten und flogen einen Bogen um die „bedrohliche““ Person, auch als diese sie nicht verscheuchte.
Krankheitsübertragung?
Man hatte der Taube vielfach auch eine Krankheitsübertragung zugeschrieben, sie als regelrechte Keimschleuder betrachtet, besonders von Salmonellen. Diese Erreger sind jedoch rein tierspezifisch und auf den Menschen kaum übertragbar. Die meisten Erreger bei Tauben können noch nicht einmal auf andere Vogelarten übertragen werden.
Gemäß dem Robert-Koch Institut hat es in den vergangenen zehn Jahren deutschlandweit keine Meldung über von Tauben auf den Menschen übertragene Krankheit gegeben.
Hochzeitstauben
Immer öfter sind die weißen, für Frieden und Treue
stehenden, Tauben für Hochzeiten gefragt.
Diese Tiere werden speziell nur für diesen Zweck gezüchtet. Da sie nur ihrer weißen Farbe wegen gezüchtet werden, wird wenig Wert z.B. auf den Orientierungssinn gelegt, der bei manchen Rassen von Natur aus unterentwickelt ist. Auch haben sie nie gelernt, sich Nahrung zu suchen.
Flugunerfahren werden sie bei den Feierlichkeiten entlassen und versuchen dann zum heimatlichen Taubenschlag zurückzufinden. Schon der Transport zur Feier in kleinen Boxen bedeutet Stress für die Vögel.
Tauben sind monogame Tiere und trennen sich nicht freiwillig. Beim Züchter werden die Tiere absichtlich getrennt, um die Motivation zu erhöhen, zum Partner zurückzukehren.
Diese Anstrengung kostet viele Tauben das Leben. Zusätzlich ist die Gefahr, die Orientierung zu verlieren, sehr hoch. Außerdem sind sie leichte Beute für Greifvögel. Immer wieder werden verirrte, ausgehungerte oder durch Angriffen verletzte Tauben gefunden. Verirrte „Hochzeitstauben“ finden sich auch unter den Stadttauben.
Tierhalter – auch Taubenzüchter – haben eine Fürsorgepflicht ihren Tieren gegenüber.
Aber das Geschäftsmodell „Hochzeitstaube“ boomt. Weiße Tauben stehen beim Menschen für Romantik. Für die Tiere bedeutet dies aber Stress und Qual und oft den Tod.
Das Aussetzen von Tieren ist nach dem Tierschutzgesetz verboten, aber genau dies geschieht hier.
Wir möchten an Sie appellieren, die Tauben zu respektieren (wie jedes andere Lebewesen auch), sie nicht zu quälen oder leiden zu lassen. Sie haben den ihnen entgegengebrachten Hass nicht verdient.
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